Dieses Wissen bekommen wir von den spannenden Menschen, die uns im Alltag bereichern. Heute mit Antonio Della Badia, Dozent und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. Der ehemalige Cumulus-Forscher der Migros kriegt auch nach zwanzig Jahren in der Branche nicht genug und hat soeben eine Weiterbildung zum Data Scientist angefangen. Was ihn dabei antreibt, vom Sammlerinstinkt und was Lernen mit Ausdauersport zu tun hat.
Interview: Janine Rebosura, scharfsinn.ch
Besitzen Sie eine Cumulus-Karte?
Antonio Della Badia: Ja, ich bin ein Migroskind. Meine Eltern gingen immer in die Migros einkaufen – Coop war nur etwas für Mehrbessere.
Und was macht ein Cumulus-Forscher?
Ganz einfach: Mit Cumulus-Daten forschen. 85 Prozent des Umsatzes werden bei der Migros Luzern mit der Cumulus-Karte erfasst. Da ist es klar, dass viele Analysen auf Cumulus-Daten basieren und das war Teil meines Jobs als Marketing Controller bei der Migros.
Ein Beispiel dazu?
Angenommen eine Migros Filiale verliert wegen Bauarbeiten Umsatz. So kann man mittels Cumulus-Daten sofort rausfinden, wohin die Stammkunden stattdessen einkaufen gehen. Die Filiale hat zwar immer noch Umsatz verloren, aber man kann entsprechende Massnahmen einleiten. Warum nicht, die Kunden in einer bestimmten Gemeinde mit einem Direct Mailing abholen?
Wie sind Sie eigentlich zur Marktforschung gekommen?
Ich bin direkt nach der Schule bei der GfK gelandet. Wenn man in Nidwalden wohnt, ist das zimli naheliegend. Der Vater eines Schulkollegen, der bei Nielsen arbeitete, meinte, die GfK wäre doch was für mich. Und ich habs nie bereut.
Was wäre denn sonst aus Ihnen geworden?
Wahrscheinlich Hochbauzeichner. Das Ingenieurwesen war immer mein Traum und ich wollte eigentlich ans Gymi und an die ETH, habe dann aber eben einen anderen Weg eingeschlagen. Wahrscheinlich wäre ich als Ingenieur zu ungeduldig (lacht).
Immerhin auch was mit Zahlen...
Ja, ich muss verstehen können und kann nicht nur entgegennehmen. Ich konnte glaubs rechnen bevor ich in die Schule ging und habe schon als Kind mit der Quersumme von Autonummernschildern gespielt. Das Daten- und Analyseflair muss einem gegeben sein.
In Ihrer Migros-Zeit haben Sie ein Projekt mit blue eyes marketing realisiert. Was war das?
Das war im 2015. Wir wollten herausfinden, ob sich Radiospots ebenso gut bewähren für das Bewerben der Wochenendkracher-Aktion, wie Printinserate. Zuvor bewarb die Migros diese Aktionen ausschliesslich in regionalen Zeitungen. blue eyes marketing führte dazu eine klassische Erfolgsmessung durch: Print versus Radiospot.
Was macht die Zusammenarbeit mit blue eyes marketing aus?
Der grosse Vorteil bei einer kleineren Firma ist, dass du mit dem Chef zu tun hast. Das mag ich auch privat sehr gerne. Und das macht auch Eindruck beim Kunden.
Was schätzen Sie an Markus Britschgi besonders?
Seine Offenheit. Er will dir nicht einfach etwas verkaufen oder unterjubeln, das gefällt mir. Er hat uns das verkauft, was wir wollten und den Rest als Goodie dazugereicht.
Wozu braucht es im Zeitalter von Big Data noch Marktforschung?
Big Data ist ein grosses Wort und wird gerne verwendet, weil es gut tönt. Aber oft heisst die Lösung auch Smart Data. Die Kunst ist es, alle möglichen Datenquellen zu nutzen. Jedoch können nicht alle Fragestellungen mit internen Daten beantwortet werden. Die Marktforschung ist und bleibt wichtig. Der gute Mix macht es aus.
Wir sind über die Kundenbindungsprogramme relativ freigebig mit unseren Kundendaten. Wieso das?
Wir vergessen schnell. Wenn ich im Unterricht frage, wer von meinen Schülern in einem Panel mitmacht, schütteln alle den Kopf. Frage ich, wer von ihnen eine Cumulus-Karte besitzt, strecken neun von zehn die Hand. Aber hey: Das ist eben auch ein Panel.
Wie sind Sie zum Dozieren gekommen?
Ich habe mich im Unterricht über einen Statistik-Dozenten beklagt, da hat der Schulleiter gemeint: «Wenns dir nicht passt Toni, dann musst du das halt selber übernehmen.» Eins hat zum anderen geführt und mittlerweile unterrichte ich verschiedene Lehrgänge, die ich selber auch gemacht habe.
Wenn Sie Ihren Schülern nur einen einzigen Rat mitgeben könnten, welcher wäre das?
Lernen ist wie Ausdauersport. Du musst trainieren, besser sein wollen, dranbleiben und nichts dem Zufall überlassen. Fleiss wird belohnt. Rund fünf Kilometer läufts du ohne viel Training, aber nicht einen ganzen Marathon. In der Schule gebe ich den Trainingsplan vor, trainieren und rennen müssen sie dann aber selber. Ich sage immer: Lernt so viel wie möglich, geht mit einem guten Gefühl an die Prüfung, dann kommts statistisch gesehen auch gut.
Sie sind ja selber ein leidenschaftlicher Marathonläufer.
Ja, ich habe gerade letzten Herbst am Chicago Marathon teilgenommen, den letzten meiner «Big Six» (die sechs World Marathon Majors). Ich hätte nie gedacht, dass ich in diesem Leben die drei Stunden knacken würde – bin 2:59:22 gelaufen. Das ist für einen Hobby-Läufer einfach das Grösste.
Wow, gratuliere! Wie sind Sie soweit gekommen?
Eines Abends bin ich statt zehn Kilometer, 18 oder 19 gerannt. Da habe ich begonnen, gezielt zu trainieren. Zuerst für den Zürich Marathon, später für den allererste SwissCityMarathon in Luzern, den ich als Innerschweizer natürlich nicht verpassen wollte. Dann kam New York, Berlin und Boston und ich habe rausgefunden, dass es sechs grosse Marathons gibt auf der Welt. Und wenn man schon drei von sechs hat, kommt der Sammlerinstinkt – wie bei Cumlus-Punkten…
Dann gibts zum Znüni wohl kein Schoggigipfeli, oder?
Nein, aber das macht mir nichts aus. Wenn ich nicht müsste, würde ich aufs Essen verzichten. Statt einkaufen, zubereiten, essen und verdauen, würde ich die Zeit lieber anders nutzen. In den Ferien ist das ganz praktisch: Nach dem Zmorge brauche ich den ganzen Tag nichts mehr zu essen (lacht).
Was ist Ihr nächstes Ziel?
Auf jedem Kontinent einen Marathon zu laufen und meine Weiterbildung in Data Applied Analytics erfolgreich abzuschliessen. Ich will nie stehen bleiben.
Kommentar schreiben